Samstag, 9. Mai 2015

Fazit zum Med-El Sonnet

Hier berichtete ich über erste Eindrücke zum Med-El Sonnet. Als erstes Fazit ist das Ergebnis für mich sehr zwiespältig. Ich "meckere" hier wohl auch auf sehr hohem Niveau, weil ich inzwischen mit dem Opus2 "mit seiner puren, konstanten Signalabgabe" nun nach über 2 bzw. 3 Jahren doch gut bis sehr gut zurecht komme und er optimal eingestellt ist!

Tendenziell blitzt immer wieder auf, dass der Höreindruck mit dem Sonnet noch feiner u. differenzierter ist, was das Verstehen nochmals erleichtern kann. Im Labor werden tatsächlich deutlich bessere Ergebnisse im Sprachverständnis gemessen.

Allerdings, der Sonnet setzt nun mehr auf zusätzliche Filter und "Optimierungen": die automatischen Regelungen "funken" aber für mein Empfinden zu sehr dazwischen und erschweren im Alltag, vor allem Outdoor - draussen -, eher sehr das Verstehen und Hören als, dass sie helfen. Es muss zumindest für die Zukunft vor allem die Option geben, dass Regelungen dahingehend optimiert oder abgeschaltet werden können, so dass insbesondere das Lautstärkeniveau und die Dynamik möglichst weitgehend konstant bleiben in möglichst allen Situationen, wie es eben auf dem Opus2 ist. Daneben existieren m.E. noch große Fehler...

Ich hatte zuletzt eine erneute Anpassung, wobei der Tief- und Hochton etwas reduziert und der Mittelton etwas angehoben wurde. Trotzdem ist der Tiefton (bzw. Bass) zu dominant, vor allem im omnidirektionalen Programm.

Gegen "Laufwind" und den zu dominanten Bass, der ggf. alle Stimmen wegdrückt, hilft es etwas, die Mikrofonempfindlichkeit zusätzlich über die Fernbedienung deutlich zu reduzieren (d.h. 7 bis 15 Stufen). Beim Opus2 hatte ich hier immer 100%!. Auf dem Sonnet wird hier die Lautstärkeregelung zu unruhig, wenn die Empfindlichkeit zu hoch ist. Problem ist nur, dass es gilt, auch hier den besten Kompromiss zu finden: denn z.B. im Supermarkt eher -15 Stufen, aber auf der Strasse eher -7 Stufen. Wenn man die Mikrofonempfindlichkeit zu sehr reduziert, kann der Effekt entstehen, bzw. verstärkt sich noch mehr als sonst, dass man sich "unter einer Käseglocke" befindet, weil dann zu viele entferntere Geräusche und Stimmen ausgeblendet werden. Man muss ständig mit der Fernbedienung die Einstellung dementsprechend anpassen, weil es sonst nicht auf die Situation passt. Beim Opus2 ist das unnötig - bleibe hier immer im selbem Programm mit der derselben Einstellung!

Das direktionale, "natürliche" Programm (das die natürliche Charakteristik und Richtwirkung der Ohrmuschel nachbilden soll) ist nach meiner Erfahrung sehr nach vorn ausgerichtet und filtert allzu drastisch, was von hinten oder seitlich kommt, d.h. wenig natürlich für mich! Rufe von hinten sind dann kaum hörbar! Hier wäre ein Parameter sinnvoll, so dass man selbst die Richtwirkung bzw. den Winkel von stark bis schwach bzw. von schmal bis breit beeinflussen könnte. Dieses Programm hilft m.E. ggf. momentan nur in einer Kneipe oder bei Frontalsituationen, wie z.B. dass allein ein Dozent vorne spricht.

Der beste Kompromiss beim Sonnet ist für mich eher nun das adaptive Programm mit Mikrofonempfindlichkeit um -7 Stufen reduziert. So in etwa sind die "Dämpfer" möglichst wenig spürbar: es ist auch hier immer wieder auffallend (u. gilt für alle Programme), wie die Lautstärke hin- u. herschwankt. Es versucht immer, leiser zu werden, wenn niemand spricht. Radiohören ist z.B. ein Graus, weil die Radiostimme nicht erkannt wird und somit immer leiser und unverständlich wird. Man läuft fast ständig unter einer "Käseglocke". Sehr störend und potenziell gefährlich: tendenziell fällt alles unterm Tisch, was der Algorithmus meint, unwichtig zu sein. Wie oft hörte ich den Abstandwarner, Signale oder den Verkehr nicht, weil der SP gerade abregelte...

Grundproblem bei allem ist immer der trotz veränderter Anpassung im Alltag zu dominante Tiefton, der ggf. alles andere überdeckt und "wegdrückt". Der starke Wind heute führt z.B. in diesem Zusammenhang dazu, dass er sehr laut ankommt, somit versucht der Sonnet, leiser zu regeln, und dämpft so sehr, dass eine Unterhaltung unmöglich wird. Beim Opus2 ist das alles kein Problem, der Wind bleibt im Hintergrund, kann mich unterhalten und höre gleichzeitig alles in der Umgebung wie z.B. das Pfeifen meines Kindes auf 20m Entfernung beim Spazieren...
Ich bekam den Hinweis, dass evtl. im Gegensatz zum Opus2 eine weitere, drastische Reduzierung, gar Halbierung, der Kanäle 1-4 für den Tiefton das Problem lösen könnte. Das müssen dann ggf. weitere Tests zeigen?! Die automatische Regelung der Lautstärke macht es aber fast unmöglich bzw. sehr langwierig, den Sonnet korrekt im Labor einzustellen. Kurze Spaziergänge, um die letzte Einstellung zu verifizieren, reichen da nicht.

Sehr konfus ist es, wenn die Sonnet's links u. rechts unterschiedlich laut regeln! Hier braucht es zumindest eine Kopplung der beiden SP per Funk, so dass sie, wenn sie solche Filter einsetzen, sich abstimmen können (Stichwort: binaurale Kopplung/Signalverarbeitung). Beim Opus2 ist das unnötig.

Ich komme zum Schluss, dass für mich eher ein verbesserter Opus2+ mit noch feinerem Klangbild, aber ohne zusätzliche Filter oder Algorithmen - plus evtl. Drahtlosfunktionen per WLAN und BT sehr viel sinnvoller wäre.

Das Gehirn soll selbst die ganze Filterarbeit machen!

Leider bestätigt sich somit wieder meine bisherige Erfahrung! Zu starke, exzessive Filter sind m.E. kontraproduktiv - nicht wirklich hilfreich. Sie treffen zu oft falsche Entscheidungen. Das gilt nach meinen Erfahrungen mit dieser Technik über die Jahre für Hörgeräte und CI jeder Couleur! Alle betrifft die Problematik, z.B. die Kommentare zum SmartSound von Cochlear beim N6 beschreiben ähnliches (oder auch hier).

Von Med-El stehen ausgereifte, gute Prozessoren zur Verfügung, nämlich den Opus2 und Rondo. Mit denen ist der Hörerfolg gleichermassen gesichert! Beim Sonnet - da will man zuviel Neues auf ein Mal: kleine Vorteile erkauft man sich erstmal mit neuen großen Problemen und Nachteilen!
Die  Fehler werden nach und nach, denke ich, per Software-Updates ausgemerzt und hoffentlich Optionen hinzukommen, die Filter abschalten bzw. die Regelungen sehr defensiv einstellen zu können.

Nachtrag vom 19.06.2015: Inzwischen bekam ich viele Rückmeldungen: die einen können meine Erfahrungen bestätigen, während die anderen die beschriebenen Effekte nicht spüren!? Zu beachten ist: die neu mit dem Sonnet Erstangepassten können solche Probleme ggf. erst verzögert melden, wenn der Höreindruck entsprechend fortgeschritten ist.

27.02.2017: Nun, nach fast 2 Jahren, ist ein neues Firmware-Update für den Sonnet verfügbar, bei dem die oben genannten Probleme weitgehend behoben sein sollen! ;) Das Verhalten der Lautstärkeregelung soll nun wieder eher wie der des Opus2 ähneln. Die mir bekannte Testperson ist nun sehr zufrieden. Wer kann das ebenfalls bestätigen?

2 Kommentare:

  1. "Meine" Audiologin rät mir auch, so lange wie es nur geht, Opus zu behalten, zumindest bis Sonnet aus den Kinderkrankheiten raus ist, oder es einen Nachfolger gibt.

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  2. Die grössten Bugs (Tiefton, Wind, automatische Lautstärkeregelung) werden sicher behoben werden können. Es wurde vermutlich fast ausschließlich unter Laborbedingungen im Labor getestet und dahin optimiert! Nur, die Bedingungen in der Realität/im Alltag haben damit wenig zu tun. An geeigneten Testpersonen hat es wohl auch gefehlt - sonst hätte das sehr viel früher auffallen müssen... /-)

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